Sitzung 30. November 2017

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Sitzung vom 30. November 2017

Die Haushaltsrede


Liebe Gäste dieser Ratssitzung,

sehr geehrte Ratsmitglieder,

sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,


in allen bisherigen Reden zum Haushalt 2018 wird das hohe Lied der „möglichst breiten Zustimmung“ gesungen.

Wir singen dieses „Konsenslied“ nicht mit! ...weil dieser Konsens weder sinnvoll noch zukunftsträchtig ist. Er passt nicht in diese Zeit! Und er ist eben nicht im Interesse der Solinger Bevölkerung! Wir werden ihn deshalb aus drei triftigen Gründen ablehnen:


Erstens:

Der Haushalt 2018 unterwirft sich dem scheinbaren Sachzwang einer „schwarzen Null“. Diese ist in Wirklichkeit ein nacktes Erpressungsmanöver der früheren Landesregierung, Zuschüsse im Rahmen des Stärkungspakts nur zu geben, wenn ab der Haushalt ab 2018 keine neuen Schulden macht. Damit wird eine gesellschaftliche Umverteilung des wachsenden gesellschaftlichen Reichtums in Form der Steuereinnahmen von unten nach oben organisiert - von den Kommunen als schwächstem Kettenglied zugunsten von Land und Bund:


Das Bruttosozialprodukt stieg in den letzten Jahren regelmäßig um circa 2 % ,das Steueraufkommen sogar um circa 4 %! Doch wohin fließt dieses Geld? In erster Linie in die Taschen der Reichen und Mächtigen! Um all das zu finanzieren wälzen Land und Bund immer mehr Kosten auf die Kommunen ab. Auf 40 Millionen € pro Jahr am Solinger Haushalt summieren sich diese Kosten! Dass Bund und Land nur ca. 60 % der Kosten für die Flüchtlinge bezahlen und die klammen Kommunen so in noch größere Finanzierungsnöte bringen ist zudem Wasser auf die Mühlen der Rassisten und Nationalisten!


Die Verschuldung aller Kommunen stieg dadurch inzwischen auf über 150 Milliarden € an. Das Einhalten „schwarzen Null“ bedeutet, sich dieser gesellschaftlichen Umverteilung unterzuordnen.


SOLINGEN AKTIV macht bei diesem angeblich „alternativlosen“ Spiel nicht mit. Denn die Kommunen als wichtigster Träger der Daseinsfürsorge der Menschen müssen gerade in diesen Zeiten gestärkt und nicht ausgeblutet werden!



Wir lehnen den Haushalt zweitens ab, weil er in weiten Teilen unsozial ist! Der Haushalt wälzt die finanziellen Folgen dieser Kommunalpolitik auf die Masse der Solinger Bevölkerung und das städtische Personal ab. Es ist verlogen, wenn jetzt der Eindruck erweck wird, als seien die Auswirkungen in diesem Jahr vergleichsweise harmlos. Doch 30 Millionen lassen sich nicht spurlos aus der Bevölkerung herauspressen. Bis 2021 sollen nach Ihrer Logik noch weitere ca. 20 Millionen eingespart werden, weil die Landesmittel wegfallen.


Ist Ihnen hier nicht klar, dass damit massiv in das soziale Gefüge der Stadt eingreifen wird?

Sie beschließen lieber ...


- die Erhöhung der Grundsteuer um höchstwahrscheinlich 5,5 Millionen, was v.a. auf den Mieter abgewälzt wird.

- massive Einschränkungen und sogenannten „Prozessoptimierungen“ beim städtischen Personal. 100 Stellen sollen wegfallen.

- massive Einsparungen bei den Hilfen zur Erziehung bis zu 1,5 Millionen.


All das und vieles mehr hat SOLINGEN AKTIV mit Haushaltsanträgen abgelehnt: CDU, SPD,FDP, BFS und die Grünen haben dagegen einhellig allem zugestimmt!


Alle Vorschläge von SOLINGEN AKTIV wie auch der Linken, Einsparungen in erster Linie auf Kosten der wohlhabenden Bürger, Unternehmen und Institutionen vorzunehmen, wurden dagegen im Finanzausschuss von der Mehrheit abgelehnt:


- eine moderate Erhöhung der Gewerbesteuer auf das Niveau der Nachbarstädte,

- eine Abführung von 50 % des Gewinns der Sparkasse an die Stadt,

- eine Reduzierung der seit 2016 um 14 % gestiegenen Ausgaben für die Arbeit der Ratsfraktionen,

- eine Reduzierung der beschlossenen zusätzlichen Kräfte für den Ordnungsdienst zugunsten präventiver Maßnahmen in der Jugendarbeit...


SOLINGEN AKTIV lehnt auch weiterhin die schon beschlossene Deckelung im Haushalt des ÖPNV ab, was zu Einsparungen von 700.000 € führt und damit zu einer sozialen und ökologischen Verschlechterungen. Und das in einer Zeit, wo die Klimakatastrophe immer rasanter voranschreitet, Tausende am Feinstaub sterben. Wo bleibt hier eigentlich Ihre Verantwortung für die nächsten Generationen, wo bleibt die Meinung der Grünen?



Drittens:

...lehnen wir diesen Haushalt ab, weil er wieder die Illusion verbreitet, als könnte durch eine schrittweise Sparpolitik die chronische Finanzkrise dieser Stadt gelöst werden. Kämmerer Weeke räumte offen ein, dass selbst die angestrebte „schwarze Null“ in den nächsten 3 Jahren mit äußersten Risiken behaftet ist. Selbst damit wäre noch keiner der insgesamt 900 Millionen Euro Schulden zurückbezahlt! 12 Millionen Zinsen pro Jahr kosten uns Bürger diese Schulden!



Meine Damen und Herren!

Wo wollen sie das Geld hernehmen? Wann fangen Sie denn endlich mit Ihrem echten Widerstand dagegen an?

Anstatt sich dem Schuldenzwang immer wieder hinzugeben und sich den Haushalt schön zu rechnen braucht es aus unserer Sicht eine überörtliche Initiative!


Der Solinger Haushalt genauso wie der aller anderen strukturschwachen Kommunen kann niemals durch noch so ehrgeizige kommunale Sparmaßnahmen saniert werden! Das kann nur gelingen durch radikale Landes- und bundespolitische Änderungen der kommunalen Finanzierung - auf Kosten von Land, Bund, Banken und Profiten:


- durch ein Zins- und Schuldenmoratorium für die Kommunen,

- durch eine Altschuldenregelung,

- durch die strikte Einhaltung des Konnexitätsprinzips,

- durch eine grundlegende Gemeindefinanzreform zugunsten der Daseinsfürsorge in den Kommunen!


Wir rufen die hier anwesenden Parteien auf, sich auf Landes- und Bundesebene und über den örtlichen Rahmen hinaus stark zu machen - bewusst auch gegen die Landes- und Bundespolitik ihrer eigenen Parteien! Lassen sie uns doch gemeinsam dieses KONSENSLIED einüben!


SOLINGEN AKTIV wird weiter in diesem Sinne den aktiven Widerstand in der Stadtbevölkerung unterstützen und fördern. Weil es um unsere gemeinsame Zukunft geht! Für ein lebenswertes SOLINGEN!


Vielen Dank!

Anträge



Anfragen


Zum Reinigungspersonal im Klinikum


Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

Sehr geehrte Damen und Herren des Rats,

das Städtische Klinikum  ist als Gesundheitsdienstleister für die Stadt unverzichtbar, der Betrieb muss sichergestellt sein.


Frage 1): Wie kann es sein, dass das Klinikum  ihr  Reinigungspersonal sowohl mit Zeitverträgen als auch mit prozentualen Vollzeitarbeitsverträgen wie der klassischen Halbtags- oder 75%-Stelle beschäftigt, obwohl von den Angestellten Vollzeitstellen erwünscht sind? 


Frage 2): Weshalb werden die Beschäftigten im Allgemeinen mit fadenscheinigen  Begründungen  bzgl. ihrer familiären oder gesundheitlichen Befindnisse gegängelt, wenn sie berechtigte Anträge auf Ausweitung ihrer Teilzeitverträge stellen?


Frage 3): Ist es korrekt, dass die Geschäftsführung des Klinikums das Auslaufenlassen der bestehenden Zeitverträge und den Einstellungsstopp für Reinigungspersonal auf der letzten Belegschaftsversammlung damit begründet hat, dass dieser Schritt erfolgen müsse, weil das Klinikum zuletzt zu viel Verluste, also Minus gemacht hat?


Frage 4): Wird das Reinigungspersonal insgesamt weiter reduziert auf Kosten einer sowieso schon wankenden Hygiene im Klinikum?


Frage 5): Was plant die Stadt als Eigentümerin der Klinik zukünftig?  Dass Teile mit der Klinik in Leverkusen zusammengelegt werden sollen wissen wir aus der Presse. Wie soll es gesamtkonzeptionell weitergehen? Sind Privatisierungen im Gespräch oder in den Planungen?

Redebeiträge


Zum Demokratieverständnis

Ich muss mal persöhnlich etwas zu dem Demokratieverständnis in diesem Rat sagen.

Ich muss mich mit weniger Redezeit begnügen. Ich darf keine Anträge an die Tagesordnung stellen. Ich  werde wie die Linke,   nicht zu Ihren Kungelrunden eingeladen die z.b diesen unsozialen Haushalt möglichst geräuschlos durch den Rat bringen wollen.  Ich bediene mich nicht an Kaffee und Kuchen und ich lehne jedwede Bereicherung an der Ratsarbeit ab.

Sie können mir also in keiner Weise vorwerfen, daß ich hier mehr mache, als ehrenamtlich meine demokratischen Rechte als gewähltes Mitglied des Rates wahrzunehmen.


Auf meine  ohnehin schon beschnittenen Rechte, bestehe ich allerdings auch. Ich bin  frei darin  meine politische Meinung zu sagen. Dafür bin ich ,dafür ist   SOLINGEN AKTIV demokratisch gewählt worden.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auf 3 Punkte hinweisen die mich in den letzten Tagen extrem gestört haben:

1. Das höchste Gericht des Landes NRW hat zum wiederholten Male die 2,5 % Hürde bei den Kommunalwahlen gekippt.  Das war ein Sieg der Demokratie gegen den Versuch sich gegen den Gegenwind der kleinen Parteien abzuschotten. Dieses Urteil hat mich persönlich wie viele kleine Parteien und Wählervereinigungen gefreut.  Ich finde es ein Unding das unser Oberbürgermeister in seiner Funktion, sich öffentlich über diese richterliche Entscheidung beschwert.  ….Das Prozesse so lange dauern würden und man sich z.B mit so vielen Einzelanträgen zum Haushalt befassen müsse. Ich hingegen finde genau das macht Demokratie aus. Es gibt eben auch eine Opposition. Ich denke das es unbedingt nötig ist, daß sich kleinere Parteien und Wählervereinigungen hier im Rat einmischen können. 


2. Im Finanzausschuss wurde von Herrn Weeke gesagt, den ich sehr schätze, dass Anträge an den Haushalt immer auch eine Kompensation beinhalten müssen, weil sie sonst bei der Bezirksregierung nicht statthaft wären. Ich und mein Bündnis weigern sich nach unserem Demokrativerständnis allerdings sich den Daumenschrauben der Bezirksregierung zu beugen.  Meiner Meinung nach muss es immer Alternativen zu einer Politik geben die in die finanzpolitische Sackgasse führen.

Ich persönlich habe das Gefühl das viele Ratsmitglieder sich von dem Sparzwang und der Angst vor der Bezirksregierung leiten lassen und eben nicht mehr frei in ihren Entscheidungen sind. Das finde ich bedenklich und möchte das hier mal aufwerfen. Ich hingegen möchte auch weiter das Recht haben ernst gemeinte inhaltliche Anträge zu stellen, sonst fühle ich mich in meinen demokratischen Rechten beschnitten.

Als letztes:

Ärgerte ich mich über die gestrige Frage des OB an mich, ob ich meine Anträge auch noch in der Ratssitzung aufrufen lassen möchte. Ich weiß zwar nicht genau wie es gemeint war... Ich sag es hier aber ganz deutlich. Ja das möchte ich. Ja, weil hier im höchsten Gremium, die demokratischen Entscheidungen getroffen werden.  Unsere Anträge, unsere Politik, ist nicht falsch, nur weil sie dagegen stimmen


Ich möchte  persöhnlich daran appellieren, daß diese Ratssitzung die demokratischen Regeln einhält und wünsche allen eine spannende Debatte.

Vielen Dank.



Zum Rathausneubau

Wir werden uns bei der Vorlage zum Rathausneubau enthalten.

Wir sehen durchaus die ökonomischen und zeitsparenden Argumente für eine solche Konzentration der Verwaltungsgebäude bei gleichzeitig Aufgabe von älteren Gebäude mit hohem Investitionsstau.

Allerdings haben wir größte Bedenken wie es möglich sein soll, dass 180 geplante Arbeitsplätze in einem Gebäude mit 130 Arbeitsplätzen effektiv und unter zumutbaren Bedingungen für das Personal unterkommen sollen.

Das ganze Konzept des Co-working- space und der Telearbeit scheint uns noch sehr wenig durchdacht und offensichtlich auch nicht mit dem Personal abgesprochen.

Auch gehen uns aus der Vorlage die Folgekosten wie die Zinsbelastung für die Investitionen oder die Gebühren für die Gutachtertätigkeit nicht einheitlich daraus hervor.



Zum Walter-Scheel-Platz

SOLINGEN AKTIV ist seit seiner Gründung vor nunmehr 14 Jahren eine bewusste und aktive antifaschistische Kraft. Wir unterstützen daher jede Straßenumbenennung und Neubenennung Solinger Straßen nach mutigen Demokraten und Antifaschisten – unabhängig von ihren weltanschaulichen und parteipolitischen Zugehörigkeiten und Motiven.

Ausgerechnet in einer Stadt wie Solingen einen so prominenten Platz wie den Rathausplatz nach Walter Scheel zu benennen halten wir aber für bedenklich: Stadtarchivar Rogge hat unseres Erachtens überzeugend ausgeführt, dass Walter Scheel sich nie eindeutig zu den Motiven für seine NSDAP-Mitgliedschaft geäußert hat oder auch ausdrücklich Abstand davon genommen hat.

Daher können wir diese Umbenennung nicht zustimmen.

Wir werden uns aber umso mehr dafür einsetzen, dass andere Antifaschisten eine angemessene Würdigung erfahren.

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