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(Korrespondenz SOLINGEN AKTIV)
Am 23.12.2023 haben die Borbet-Kollegen mit ihren Familien und Freunden, darunter SOLINGEN AKTIV und MLPD Bergisch Land ihr einjähriges Jubiläum im Arbeitskampf gegen die Werkschließung in Solingen mit Reden, Musik und Tanz sowie warmen Getränken und selbst gebackenen Leckereien am Werktor gefeiert!
Am 09.01.2024 begannen die ersten von über 220 Arbeitsgerichtsverfahren in zweiter Instanz vor dem Landesarbeitsgericht in Düsseldorf.
Diese ersten fünf Verfahren wurden allesamt gewonnen und sind eine Blaupause für alle weiteren Verhandlungen, weil die Klagen der Kollegen denselben Inhalt haben.
Demnach schließt sich das LAG Düsseldorf den zuvor schon getroffenen Urteilen des Arbeitsgerichtes Solingen größtenteils an und sagt in ihrer Begründung:
„Da das Unternehmen bei der Weiterbeschäftigung eines Abbauteams von 52 Kollegen, die mit viel späteren Kündigungszeiten einher geht und die das Solinger Werk abwickeln sollten, keine ordentliche Sozialauswahl getroffen wurde, der Betriebsrat nicht ordentlich eingebunden war, sind sämtliche Kündigungen rechtsunwirksam“.
Den ersten Gedanken beim Arbeitsgericht Solingen, dass die Massenentlassungsanzeige bei der Bundesagentur für Arbeit nicht ordentlich verlaufen sei, sah das Gericht als nicht hinderlich für eine ordentliche Kündigung an.
Das ist die eine, die juristische Seite des über einen Jahr lang anhaltenden Arbeitskampfs der Borbet-Kollegen in Solingen.
Die andere Seite, die klassenkämpferische stolze Seite, für Arbeiterrechte einzutreten, ist die viel wichtigere!
Die Borbet-Kollegen haben es sich ab dem Sommer 2023, nach den täglichen Protesten vor dem Werktor und dem Arbeitsgericht in Solingen nicht nehmen lassen, kämpferisch an allen Borbet-Standorten in Deutschland zu protestieren, auf dem IG Metall Gewerkschaftstag 2023 in Frankfurt zu demonstrieren und bei der internationalen Essener Motorshow 2023 ihre Protestnoten vor und hinter den Eintrittstoren an allen Ständen, die mit Borbet zu tun hatten zu hinterlassen! (Kein Stand ohne Protestflyer…konsequent!)
Unverbrüchlich gehen sie bis heute wöchentlich im Wechsel vor das Werktor und den Solinger Hauptbahnhof auf die Straße, machen ihren Kampf öffentlich bekannt und treten für ihre Rechte ein.
Diese Hartnäckigkeit, diese unverbrüchliche Solidarität untereinander ist ein Prädikat in der internationalen Arbeiterbewegung und ein Vorbild für alle künftigen Belegschaften, für ihre eigenen Interessen einzustehen!
Das Besondere an diesem Kampf ist auch, dass er ab dem Frühjahr 2023 ohne die IG Metall Remscheid/ Solingen selbstständig weitergeführt wurde.
Leider hat sich die Gewerkschaft völlig aus dem Arbeitskampf zurückgezogen und die Kollegen sich selbst überlassen.
Das ist genau das Gegenteil von dem, was wir von unseren Gewerkschaften erwarten!
Die kämpfenden Kollegen haben vorgebaut und schon früh ein Organisations-Komitee gewählt, das alle weiteren Aktionen gemanagt hat.
Das macht aber die Funktion der Gewerkschaften nicht überflüssig sondern muss heißen:
„Unsere Gewerkschaften (vor allem die Funktionäre) müssen endlich wieder unsere Interessen kämpferisch vertreten statt Kampf zu predigen und Opportunismus zu leben“!
Also Augen und Ohren auf bei den anstehenden Wahlen der neuen IG Metall-Ortsvorstände und den Gremien!
Das meinen auch die Borbet-Kollegen…
… war kein Tag wie jeder andere bei der Mahn-und Protestwache, die seit dem 26.12.2023 täglich bei Wind und Wetter von den Kollegen, Ihren Frauen und Kindern abgehalten wurde. Diesmal standen „die" Frauen im Mittelpunkt, die diesen Arbeitskampf seit dem ersten Tag an der Seite ihrer Männer mit ihrer Inspiration, Motivation und Herzblut auf eine höhere Stufe gehoben haben. Weit über vierzig Solidaritätserklärungen aus Deutschland und der Türkei haben die kämpfenden Arbeiter und ihre Familien erreicht.
Es geht aber auch umgekehrt! Diesmal solidarisierten sich die Frauen mit den Erdbebenopfern in der Türkei und Nordsyrien, von denen gerade Frauen, Schwangere und Kinder besonders betroffen sind. Auch den Opfern sexualisierter Gewalt wurde gedacht. Natürlich spielte auch der Streik bei Verdi, deren Mitglieder überwiegend weiblichen Geschlechtes sind, eine zentrale Rolle.
In zwei Filmen haben wir die Statements eingefangen und in Absprache mit den Frauen veröffentlicht.
Seit nunmehr 62 Tagen halten die kämpferischen Borbet-Kollegen mit ihren Familien eine Mahn und Protestwache vor dem gemeinsam mit Accuride betriebenen Werktor/ehemals Kronprinz an der Weyerstraße in Solingen ab. Jeden Tag, bei Wind und Wetter treffen sich die Betroffenen, um gegen die beschlossene Werkschließung zum 31.12.2022 zu protestieren.
2021 eröffnete Borbet-Solingen die Insolvenz "in Eigenverwaltung", um den angeblich verlustreichen Standort Solingen zu schließen. Borbet produziert Alu-Räder im Premium- und Standardsegment. Borbet ist millionenschwerer Weltmarktführer für Aluminiumräder mit einem Jahresumsatz 2021 von 909,6 MILLIONEN €URO! Millionenschwere Profite an acht Standorten weltweit, darunter mit Solingen sechs in Deutschland gaben und geben dem Konzern Borbet keine Möglichkeiten, das Solinger Werk vernünftig auszulasten und in die Gewinnzone zu bringen??? Intern gibt es bereits Auseinandersetzungen in der Führungsetage bei Borbet, dass die Werkschließung suboptimal durchgeführt wurde. Aufträge für Solingen, die auf die anderen deutschen Niederlassungen verteiltwerden sollten, überfordern diese. Auch die hohe Qualität aus Solingen kann nicht gehalten werden.
Das ist es, was die Borbetianer auf ihren täglichen Protesten vor dem Tor, in Medebach und Winterberg im Sauerland, vor dem Landtag in Düsseldorf und dem Rathaus in Solingen auch skandieren: "Wir wollen unsere Rechte" und "Insolvenz Lüge"! Die Arbeiter denken, dass Aufträge für Solingen einfach auf andere Werke umgelegt wurden, um so den Standort Solingen SCHLECHT rechnen zu können.
"Die Solinger Insolvenz ist durch Borbet mutwillig herbeigeführt worden um sich so völlig legal auf dem kostengünstigsten Weg des Insolvenzrechts seiner ganzen KÄMPFERISCHEN Belegschaft zu entledigen", denkt die IG Metall Remscheid/Solingen lautstark öffentlich darüber nach. Im deutschen Insolvenzrecht sind Kündigungszeiten und Abfindungen streng reglementiert. Betriebszugehörigkeiten spielen keine Rolle mehr.
Tatsächlich scheint hinter diesen Vermutungen auch etwas zustecken...wahrscheinlich nichts Illegales, aber mindestens gesellschaftlich moralisch Verwerfliches. Während nämlich langjährige Mitarbeiter mit 30/40 Jahren bei Borbet aufgrund ihres Alters und ihrer körperlichen Gesundheit nach all den Jahren Kontischicht in die Perspektivlosigkeit und in Zukunftsängste für sich und ihre Kinder versinken, lebt Margot Borbet, die Unternehmerin,weiterhin ihr wohlhabendes Leben als Sportmäzenin und soziale Wohltäterin. WIR VON SOLINGEN AKTIV HABEN NUR EINEN BEGRIFF, DER DAZU PASST: ASOZIAL!
Vom ersten Tag an stehen wir solidarisch beinahe täglich mit den kämpfenden Kollegen und ihren Familien auf der Staße und unterstützen diesen bedeutenden Widerstand, der als einmalig in die Solinger Historie eingehen wird. Wir sind schon aufgrund unseres Programmes und unserer Statuten unbedingt der Meinung, das wir nicht damit einverstanden sein können, das Profite persöhnlich angeeignet, Krisen und Probleme aber vergesellschaftet werden!
Das ist die zweite Seite dieser Insolvenz. Jahrzehntelang hat der Borbet-Konzern die Gewinne aus dem Standort Solingen einkassiert. Mit Beginn der Weltwirtschaftskrise 2008 und durch die weitere Globalisierung der Weltwirtschaft wurde für viele Unternehmen ohne entsprechende Finanzdecke die Luft immer dünner. Der internationale Preiskampf zwang die Konzerne immer weiter dazu, ihre Krisenlasten auf die Belegschaften abzuwälzen. Ganz besonders in der Automobilindustrie und ihren Zulieferern entspann sich ein harter Kampf um Marktpositionen und Einflusssphären. Massenhafte Arbeitsplatzvernichtung war die Folge wie bei Opel, MAN, Daimler, VW und nun jüngst bei Ford in Köln und Aachen!
Andererseits drangen neue Marken aus Fernost auf den Markt, die ihre Zulieferer nicht hier vor Ort haben und Preise anbieten, die unter deutschen tarifvertraglichen Pflichten nicht zu halten sind. Was war und ist die deutsche kapitalistische Antwort darauf? Arbeitszeitverlängerung, Überstunden, Lohnraub, menschenunwürdige Arbeitsbedingungen wie Vollkontischichten, Massenentlassungen, Betriebsschließungen!
Die dritte Seite ist die prekäre Beschäftigung! Deutschland ist europaweit führend im Niedriglohnsektor! Leiharbeit, Werkverträge und Teilzeitarbeit untergraben massiv unsere Renten und machen zunehmend mehr Menschen in Deutschland zu Bittstellern von Bürgergeld obwohl sie weit über 45 Jahre gearbeitet haben. Frauen und Alleinerziehende sind durch ihre gesellschaftliche Rolle im besondern Maß getroffen und mehrfach ausgebeutet! "Es ist doch nicht so, das wir nicht arbeiten wollen. Der Schichtbetriebunserer Männer hat es gar nicht zugelassen, das wir uns eigene Arbeitsuchen konnten", sagte die Sprecherin der Kämpferischen Frauen von Borbet Solingen zu Timm Kurzbach, dem OB Solingens, als der sich zum ersten Mal seit über 50 Tagen Protest der Borbetianer vor das Tor traut. Es muss sich einfach etwas ändern in diesem Land... Arbeitsplätze, Umweltkatastrophe, Weltkriegsgefahr...was muss denn noch passieren, damit die Völker dieser Erde aufwachen?
Wenn wir dieses letzte Stück Erde den Borbets überlassen, werden wir morgen keine mehr haben!!!
Andi Fischer
Der unter der Belegschaft bekannte und beliebte YouTuber Oktan Erdikmen kam zu einem Solidaritätsbesuch an das Accuride-Werkstor und zog sofort die Aufmerksamkeit auf sich. Die Kollegen*innen erhoffen sich von Oktan, das er den Protest über YouTube weiter verbreitet, mit 323.000 Followern wird das sicher gelingen. Wir drücken die Daumen!
Zum ersten Mal gab es auch Musik zur Wache. Andi Knecht, den viele Solinger*innen von Veranstaltungen mit SOLINGEN AKTIV kennen, spielte mit Gitarre und Mundharmonika Arbeiter- und revolutionäre Lieder. Stramme Leistung bei nasskaltem Regenwetter...danke Andi!
Ganz zu Recht wies der erste Bevollmächtigte der IG Metall Remscheid-Solingen Serdar Üyüklüer in seinem Statement darauf hin, daß die Werkschließung ein abgekartetes Spiel ist. Am Geld scheitert es jedenfalls nicht, sonst hätte Borbet nicht vor kurzem noch ein teures Hochregallager aufbauenlassen. Er forderte noch mehr Power, noch mehr Borbetianer auf die Straße um öffentlich "größtmöglichen" Druck auf die Kapitalisten und die Politik auszuüben. Gesetze müssen geändert werden um Profiteuren wie der Borbet-Familie auf Kosten der Arbeiter und der Steuerzahler das Handwerk zulegen.
Lieber Serdar, Reformismus wird den Kapitalisten nicht das Handwerk legen.Zu der Erkenntnis ist auch schon die Umweltbewegung gekommen! Wer die Machtverhältnisse ändern will, der muss das System verändern. Es wird also noch viel zu besprechen geben.
Weiter wurde am 28.12.22 ein 10köpfiges Organisationsteam aufgestellt, das alle weiteren Aktivitäten u.a. auch eine Reise nach Hesborn im Sauerland zum Borbet-Hauptsitz organisieren soll.
Am offenen Mikrofon, das sehr gut ankam, gab es zahlreiche Wortbeiträge. Unter anderem von einer jungen Frau, deren Vater entlassen wurde. Zitat: Sie wird den Plan, ein Studium zu beginnen, beenden müssen, um selbst arbeiten zu gehen. Sie ist in Sorge, das ihre Familie sonst in Not gerät.
Solche skrupellosen kapitalistischen Barbareien, wie diese Werkschließung,wirken bis tief in die Familien hinein und zerstören die Zukunft derJugend. Für ihren Beitrag bekam die junge Frau viel Beifall!
Mann der Arbeit, aufgewacht!
Und erkenne deine Macht!
Alle Räder stehen still,
wenn dein starker Arm es will!
Georg Herwegh
Nicht wirklich überrascht haben wir am 28.11.2022 aus der Presse von der Schließung eures Werkes in Solingen erfahren.
Und das Solinger Tageblatt profiliert sich nur einen Tag später schon als eifriger Totengräber des Standortes, in dem es das Erbe des Sterbenden zu verschachern versucht und Überlegungen zur Weiterverwendung von Grundstück und Gebäuden anstellt.
Pietätloser und unseriöser kann man kaum mehr mit dem Schicksal der Belegschaft und ihren Familien umgehen!
Dabei bleibt euch noch Zeit, die Schließung des Standortes Solingen nicht stillschweigend hinzunehmen, sondern noch einmal um eure Arbeitsplätze zu kämpfen. Das haben die Kolleginnen und Kollegen 2004 bei Opel in Bochum vor gemacht. Durch den entschlossenen Kampf gegen die Schließung des Standortes konnten sie das Werk noch zehn Jahre erhalten!
SOLINGEN AKTIV steht unverbrüchlich fest an eurer Seite und unterstützt jede weitere Aktion, zu der ihr euch entschließen solltet, mit Rat und Tat. Das Angebot der Transfergesellschaft ist eine Nebelkerze, die euch am Durchblick hindern soll, dass Veränderungen nur im Kampf um jeden Arbeitsplatz erreicht werden können.
Dass alle Beschäftigten nach den sechs Monaten einen Arbeitsplatz haben werden, ist eine Illusion und eine übliche Methode der Kapitalisten, die Kampfbereitschaft der Belegschaften zu zersetzen. Das kann für euch keine Zukunftsperspektive sein.
Noch einmal richtig auspressen will Borbet euch mit der Vorgabe, dass bis zum Jahresende noch einmal 221.000 Räder gefertigt werden sollen. Mit lächerlichen 1400 Euro Prämie will Borbet euch dafür abspeisen. Der einzige bei dem die Kasse im Weihnachtsgeschäft noch einmal richtig stimmt ist....Borbet.
Darauf könnt ihr nur eine konsequente Antwort geben: Es wird kein Rad mehr fertig!
2004 haben die Opelaner in Bochum das Werk besetzt und sind vor die Werktore gezogen. Dadurch erst konnten sie Zugeständnisse der Opel-Geschäftsleitung und zuletzt sogar der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel erzwingen. Wer hindert euch daran, es dem gleich zu tun?
Solingen den 08.12.2022
Namens aller Mitglieder für den Vorstand
Christoph Gärtner, Andreas Fischer, Janis Fischer, Peter Richatz